Mit Muslimen über Jesus reden
Wir sehen die Dinge nicht, wie sie sind – sondern, wie wir sind, hat jemand einmal ganz richtig gesagt. Wir betrachten die Welt, das, was in der Welt geschieht und ist, mit unseren Augen. Dabei haben wir Christen ein mehr oder weniger biblisches Weltbild.
Ein Buddhist, ein Atheist, ein Anhänger der New-Age-Bewegung oder ein Muslim beurteilt die Welt aus seiner Sicht, die oft ganz anders ist. Sein Gottesbild, sein Menschenbild und die Interpretation jedes Geschehens und aller Zusammenhänge um ihn herum ist von seinem Weltbild her bestimmt. Und er ist zutiefst davon überzeugt, dass er alles richtig sieht und beurteilt. Besonders Muslime sind davon überzeugt, dass sie der einzig wahren und wahrhaft monotheistischen Religion angehören, denn schon der Koran sagt: „die Religion bei Gott ist der Islam“ (Sure 3,19), „die einzig wahre Religion“ (10,105).
In der Zeit des islamischen Fastenmonats Ramadan beten Christen in besonderer Weise für das christliche Zeugnis gegenüber Muslimen. Wir beten darum, dass Gott verschlossene Türen und Herzen öffne. Wir wollen aber auch darum bitten, dass unser Herr die Herzen derer aufschließe, die in unserem Umfeld leben und die wir persönlich ansprechen können.
Wer mit Muslimen, ja Andersdenkenden überhaupt, über den Glauben an Jesus Christus sprechen möchte, sollte sich über folgendes Bibelwort Gedanken machen:
„Heiligt den Herrn Christus in euren Herzen. Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist, und das tut mit Sanftmut und Gottesfurcht…“ (1. Petrus 3,15).
Wie macht man das denn? Wie gibt man „Rechenschaft in Sanftmut und Gottesfurcht”? Wer gehört werden möchte, der sollte zuerst selbst hören. Um verstanden zu werden, müssen wir erst einmal selbst den anderen verstehen, und das geschieht im Hinhören auf ihn, um sein Empfinden und Denken zu erfassen. Im Zuhören bauen wir auch eine Brücke. Es wächst Vertrauen, eine entscheidende Basis zur Vermittlung des Evangeliums. Darüber hinaus lernen wir etwas über unser Gegenüber und wie er Gott, sich selbst und uns sieht. Wir lernen auch seine Vorbehalte dem christlichen Glauben gegenüber kennen. Wir merken, dass Muslime die Dekadenz der westlichen Welt dem Christentum anlasten. Wir erfahren, dass sie der Auffassung sind, die Bibel sei verfälscht worden, dass wir ihrer Ansicht nach aus dem ‚Propheten‘ Jesus einen Gott gemacht haben, und dass es nicht stimme, dass er am Kreuz gestorben sei. Diese Missverständnisse verbauen Muslimen den Weg zu Gott, der in Jesus zu uns kam, um uns mit sich zu versöhnen. Hier können wir aber auch ansetzen, um behutsam die Zuverlässigkeit der biblischen Botschaft zu begründen. Wer nicht weiß, wie man das überzeugend tun kann, sollte sich Rat aus Büchern oder von anderen Menschen holen.
Durch rechtes Hinhören und das Ernstnehmen unserer muslimischen Freunde wächst also das gegenseitige Verständnis füreinander. Es eröffnet auch die Möglichkeit, falsche Auffassungen über den christlichen Glauben zu klären und diese behutsam zu korrigieren. So sind wir „bereit, Rechenschaft zu geben über die Hoffnung, die in uns ist, in Sanftmut und Gottesfurcht“. Indem wir Missverständnisse oder gar Falsches richtig stellen, machen wir die Wahrheit kund, ohne die auch ein Muslim mit einem eifrigen und aufopferungsvollen Glauben keine Vergebung und Versöhnung mit Gott finden kann.
Muslime verstehen sich in der Regel als die „Rechtgläubigen“ und meinen, alle anderen Religionen ständen weit unter dem Islam. Auch auf den christlichen Glauben schauen sie oft herunter. Das ist ein Grund mehr, sich Muslimen in Liebe anzunehmen. Auch wenn das beinhaltet, sich fehlendes Wissen über den Islam und Muslime anzueignen. Das ist heute durch die vielen Bücher, Schriften, Kassetten und Videos, die es gibt, nicht mehr schwer.
Der Muslim oder die Muslimin, die wir kennen – oder kennen lernen könnten – hat mit größter Wahrscheinlichkeit nur eine echte Chance, die versöhnende Botschaft von Jesus nicht nur zu hören, sondern sie auch zu verstehen. Und diese Chance sind wir. Sie und ich ganz persönlich!
Aber wie kann man denn eine freundliche Beziehung zu Muslimen herstellen? Sind sie dafür überhaupt offen? Aber sicher! Allerdings nicht, wenn wir sie nur anpredigen. „Wir sind Mitarbeiter an eurer Freude“, schrieb der Apostel Paulus (2. Korinther 1,24). Wer für jemanden betet, bekommt zu dieser Person eine positive Haltung. Ein kleiner Liebesdienst, ein freundliches Wort, dann vielleicht eine Einladung zu einer Tasse Kaffee bauen eine erste Brücke. Und dann fragen wir. „Wo kommen Sie her? Warum sind Sie gekommen? Fühlen Sie sich hier wohl? Brauchen Sie irgendwelche Hilfe? Waren Sie schon einmal in Mekka? Was tut man auf der Pilgerreise? Beten Sie tatsächlich fünfmal täglich? Warum tragen Musliminnen ihre hier unübliche Kleidung?“ Jeder spricht gerne über sich selbst und die Dinge, die ihn persönlich angehen, auch Muslime. Sie möchten Ihnen auch den Islam nahe bringen. Das gibt uns ganz natürlich die Möglichkeit, unseren Glauben zu bezeugen. Seien Sie dabei natürlich. Haben Sie ein echtes Interesse an der Person, nehmen Sie diese herzlich an, werden Sie in kurzer Zeit ins geistliche Gespräch kommen. Auch Streitgespräche können dann geführt werden, aber eben „mit Sanftmut und Gottesfurcht…“, d. h. in Liebe und Achtung.
Wir sollen und wollen für Muslime in aller Welt beten, aber besonders darum, dass wir unserem Herrn folgen und Gelegenheiten auch persönlich ergreifen, um wenigstens einem Muslim Jesus Christus so vor Augen zu stellen, wie er wirklich ist. Das sind wir Muslimen schuldig (1. Korinther 4,1–2; 9,16–17; Römer 1,14).
Gerhard Nehls